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Frühkastration

Die Frage ob bei einer kastrierten Hündin nicht "Hormonstörungen" ähnlich wie bei der Frau auftreten, kann man klar mit Nein beantworten. Hündinnen haben einen komplett anderen Zyklus, stehen den allergrößten Teil des Jahres, abgesehen von der Phase um die Läufigkeit, sowieso nicht unter dem Einfluss der Eierstockhormone. Die Natur hat die Läufigkeit der Hündin dafür vorgesehen, Welpen zu erzeugen. Da wir das unseren Hunden nicht pausenlos zumuten wollen, begehen wir einen schweren Eingriff in den Hormonhaushalt.

Mit jeder Läufigkeit und sich anschließender Scheinschwangerschaft (die im Übrigen bei jeder Hündin mehr oder weniger deutlich auftritt) steigt das Risiko für bösartige Veränderungen am Gesäuge (Tumore). Statistisch betrachtet erkranken 70% aller nicht kastrierten Hündinnen über 7 Jahre an Gesäugetumoren. Davon sind über 95% bösartig. Da die Eierstockhormone für diese Veränderungen verantwortlich sind, leuchtet es ein, dass früh kastrierte Hündinnen (d.h. vor der ersten Läufigkeit) null % Risiko haben. Mit jeder Läufigkeit steigt das Risiko. Nachgewiesenermaßen hat eine Kastration nach dem 3. Lebensjahr keinen vorbeugenden Effekt mehr. Die Uni Zürich und die Uni München propagieren klar die Kastration vor dem 1. Zyklus. In den USA ist es absolut gängig, bereits 6 Monate alte Hunde zu kastrieren. Das Risiko der Inkontinenz, Fellveränderungen, Gewichtszunahme... wird dadurch wie man heute weiß -was aber anscheinend noch nicht ganz durchgedrungen ist- nicht erhöht, sondern eher gemindert.

Noch vor 10 Jahren galt es als Kunstfehler, bei der Kastration einen Teil der Gebärmutter zu belassen, da man dachte, dadurch könnte eine Gebärmuttervereiterung weiterhin möglich sein. Ich selbst habe früher immer "alles entfernt". Andere Kollegen belassen schon lange einen Teil der Uterushörner, zum einen, weil der Bauchschnitt wesentlich kleiner gehalten werden kann, zum anderen, weil sie denken, dadurch könnte man der Inkontinenz vorbeugen. Das Risiko der Inkontinenz liegt- etwas abhängig von der Rasse - etwa zwischen 1 und 5 %. Ich habe den Eindruck, dass das Risiko am ehesten abhängig ist von der Routine und damit schonenden OP-Methode des Chirurgen. Die allermeisten inkontinenten Hündinnen entstehen klar bei Kastrationskampagnen von Tierschutzorganisationen, bei denen v.a. Jungkollegen (ihr Engagement in Ehren) oder Studenten operieren. Aber egal - Inkontinenz kann man heute mittels verträglicher Medikamente oder neuen OP-Methoden nahezu ausnahmslos gut behandeln. Fellveränderungen sind in meinen Augen tolerierbar, Übergewicht liegt definitiv am Besitzer, nicht an der Kastration ....gegenüber Mammatumoren stehen wir aber häufig ziemlich machtlos da.

Was das Argument betrifft, Hündinnen würden "jugendlich" bleiben, wenn man früh kastriert, sollte man bedenken, was man mit dem Hund vorhat: eine Familie mit Kindern, ein Hund, der im "Hunde-Ballungsgebiet" lebt, Agility-Freaks, etc… Alle die den Spieltrieb ihres Hundes schätzen und die auf soziale Verträglichkeit angewiesen sind können davon natürlich nur profitieren. Auch Hündinnen, die sehr früh dominant unangenehm werden, steigern dieses Verhalten nach der 1. Läufigkeit und werden dann nach einer Kastration absolut ungenießbar. Auch das beobachten wir nicht, wenn wir früh genug operieren.
 
© Dr. med. vet. Susanne Wisniewski